Ein Blick hinter den Kulissen – die Übersetzungsindustrie in den USA
Ein kurzer Bericht von der ATA Conference 2015 in Miami
„First Time Conference Attendee“ und „Speaker“ – das war vermutlich für die Kolleginnen und Kollegen in den USA die merkwürdigste Badgekombination bei der American Translators Association-Konferenz im Oktober 2015 in Miami. Aber auch wenn man zum ersten Mal zur ATA-Konferenz anreist, heißt das längst nicht, dass man keinerlei Erfahrung hat. Das musste ich dann auch nicht einmal erklären. Nach der Begutachtung der Badges (die bei der ATA sehr bunt und unheimlich wichtig sind) wurde dies auch den Kolleginnen und Kollegen klar. Beim Namen angekommen, kamen dann plötzlich ganz andere Aussagen, wie „Ach, wir kennen dich doch“, oder „ich lese deinen Mentoring Blog“ – so habe ich mich in Miami recht schnell heimisch gefühlt: freundliche Kolleginnen und Kollegen, interessante und abwechslungsreiche Sessions und viel Zeit und Lust für den Erfahrungsaustausch.
Vielfältige Unterschiede
Im Vergleich zu Deutschland, wo bei Konferenzen alles recht sachlich und geschäftsorientiert abläuft, ging in Miami alles sehr emotional zu. Unter jubelndem Applaus wurden Preise für Gemeindeprojekte verliehen. Mit hochwertigen Videos wurde uns die ATA-Konferenz 2016 in San Francisco schmackhaft gemacht und mit persönlichen und emotionalen Beiträgen wurde uns bei der Closing Closing-Session ein Rückblick auf die Konferenz in Miami gezeigt. Zudem darf jeder ATA-Mitglied werden – auch ohne Qualifikationen. Auch Übersetzungsagenturen können dem Verband beitreten. Es gibt freilich verschiedene Mitgliedsstufen und nach einer Prüfung kann man eine Zertifizierung erreichen.
Fast nur Übersetzungsagenturen
Ein weiterer Unterschied, der mir ins Auge fiel: in den USA arbeiten sehr viele (auch erfahrene) Übersetzerinnen und Übersetzer fast ausschließlich mit Übersetzungsagenturen zusammen. Nur wenige Kollegen und Kolleginnen trauen sich als Freiberuflerin oder Freiberufler eine Zusammenarbeit mit Direktkunden zu. In der Ausstellungshalle war daher mindestens die Hälfte der Aussteller auch große Übersetzungsagenturen mit allerlei Fachgebieten und Sprachen im Programm, die nach passenden Dienstleistern suchten und auf unsere Visitenkarten erpicht waren. Diese Übersetzungsagenturen waren auch eine sehr wichtige Anlaufstelle für viele Konferenzteilnehmerinnen und -teilnehmer. In diesem Rahmen wurde ein Resümee-Exchange veranstaltet, das heißt eine eigene Veranstaltung, um das Zusammenfinden von Agenturen und Übersetzerinnen und Übersetzern zu erleichtern. Meinem ersten Eindruck zufolge unterscheidet sich der Markt dort sehr von dem Markt, den wir in Deutschland kennen, wo sich doch sehr viele Übersetzerinnen und Übersetzer eher auf eine Zusammenarbeit mit Direktkunden konzentrieren und wo Direktkunden aus Qualitätsgründen immer mehr die Zusammenarbeit mit einzelnen freiberuflichen Übersetzern anstreben. Dieser Eindruck war mir allerdings recht, denn Tatjana Dujmic und ich hatten unsere Präsentation gezielt auf diese Problematik ausgerichtet.
Unsere Präsentation
Am Samstag war es dann endlich soweit. Seit dem Frühjahr arbeiten Tatjana Dujmic und ich an unserer ersten gemeinsamen Präsentation mit dem Titel: „Ticken die Deutschen anders: Idiosyncracies of doing business in Germany“. Wir waren sehr darauf gespannt, wie die Präsentation über den deutschen Markt, die Mentalität und Erwartungen von deutschen Firmenkunden, die rechtlichen Aspekte des E-Mail-Marketings und die Anstöße für Marketing an deutsche Direktkunden ankommen würde. Auf so viel positives Feedback, dass wir persönlich oder über Twitter und Facebook erhalten haben, waren wir allerdings nicht vorbereitet. Wir freuen uns daher umso mehr, dass wir uns die Präsentation in Miami zugetraut haben und hoffen, dass unsere US-Kolleginnen und -Kollegen einige unsere Tipps auch in die Praxis umsetzen werden. Denn ich bin überzeugt, dass die direkte Zusammenarbeit zwischen Übersetzern und Kunden die Grundlage für die notwendige Transparenz bildet, die für qualitativ hochwertige Übersetzungsdienstleistungen unabdingbar ist.
Sie interessieren sich für eine Zusammenarbeit mit mir, haben im Moment keinen Übersetzungsbedarf? Dann lade ich Sie herzlich dazu ein, meinem Netzwerk auf Xing oder LinkedIn beizutreten. So finden Sie mich dann viel leichter, wenn der nächste Übersetzungsauftrag ansteht und die Zeit drängt.